Aufruf der Revolutionären Aktion Stuttgart zur Silvesterdemo 2012 in Stuttgart

Uns gehört die Zukunft! Die eigene Seite aufbauen: Für eine revolutionäre Perspektive!
Heraus zur Silvesterdemo!

Eurokrise, Sparpakete, immer höhere Lebenshaltungskosten, Kriege, Repression und die Rüstungsindustrie als einzig boomender Sektor der Industrie. Dazu mordende Nazis und ein eng mit diesen verflochtener Geheimdienst/Staat. 2012 hat wieder einmal bewiesen, wie wenig das kapitalistische System der Mehrheit der Menschen noch zu bieten hat.

Auf der anderen Seite: Straßenkämpfe in Griechenland, Landbesetzungen in Spanien und der erste europäische Generalstreik – der Widerstand kommt in Fahrt.

Grund genug also an das Kernproblem all der verschiedenen Kämpfe die wir das Jahr über führen – den Kapitalismus – zu erinnern und am 31.12. für eine revolutionäre Perspektive auf die Straße zu gehen!

Kein Zufall: Der Staat schlägt nach links…

Seit über 20 Jahren – seit dem letzten großen Hungerstreik der RAF-Gefangenen gegen die Isolationshaft und für die Zusammenlegung der revolutionären Häftlinge – wird von linken Gruppen an Silvester die Situation der politischen (und sozialen) Gefangenen thematisiert. Auch das Jahr 2012 bot hierfür mehr als genug Anlass: Sowohl bundesweit als auch lokal, hat sich die Entwicklung hin zu einer immer aggressiveren offensiveren Repression gegen AntifaschistInnen und Revolutionäre fortgesetzt. Erneut findet in Stuttgart ein §129b Prozess statt. Dieses Mal richtet er sich gegen zwei kurdische Aktivisten denen die Mitgliedschaft in Strukturen der PKK vorgeworfen wird. Die Verurteilung zu 2,5 Jahren Knast für Deniz K. im November zeigt sehr deutlich, dass es der Justiz in Prozessen gegen Linke nicht um konkrete Straftaten, sondern um eine Verurteilung der politischen Identität der Angeklagten geht. So wurde die abstruse Anklage gegen Deniz, er soll mit einer 2cm dicken Fahnenstange versucht haben 5 (!) vollgepanzerte Polizisten – die gerade ihrerseits auf eine Demonstration gegen Verfassungsschutz und NSU in Nürnberg einprügelten – umzubringen, u.a. mit seiner Mitgliedschaft in einer kommunistischen Jugendorganisation begründet. Und auch im Fall des linken Skinheads Smily wurde überdeutlich, dass es sein Engagement gegen die rechtsoffene Grauzone in der Musikszene und seine deutlichen politischen Statements waren, die abgeurteilt werden sollten.

Die staatliche Verfolgung linker Politik, gliedert sich dabei meist in drei Bestandteile: Die ideologische Basis bildet meist die sogenannte Extremismus-Doktrin, die mit der Behauptung Faschismus und das Streben nach einer solidarischen, also sozialistischen oder kommunistischen Gesellschaftsordnung seien wesensverwandt, die konkrete Repression legitimiert.

Die auf Verhinderung von Aktionen und Einschüchterung abzielenden und häufig gewalttätigen Aktivitäten der Polizei und die juristische Verfolgung im Nachgang, bilden die sicht- und spürbaren Folgen dieser Doktrin. Beinahe alle größeren politischen Aktionen, egal ob Proteste gegen die Hetze von Faschisten und Rechtspopulisten oder, Aktionen gegen imperialistische Kriege werden mittlerweile von massiven Polizeiaufgeboten und häufig ausufernder staatlicher Gewalt und Willkür begleitetet und ziehen einen ganzen Rattenschwanz an Strafbefehlen und Verfahren nach sich.

Die Einschüchterung und Lähmung von AktivistInnen, sowie die Diskreditierung jeden Schritts auf dem Weg zu einer solidarischen Gesellschaftsordnung ist das Ziel der Klassenjustiz.

Um so wichtiger der Repression mit breiter Solidarität zu begegnen und die betroffenen GenossInnen nicht alleine zu lassen. Für Deniz K. der jetzt seit 8 Monaten im Knast ist, steht in nächster Zeit seine Revisionsverhandlung an, achtet auf Ankündigungen und zeigt euch solidarisch!

… und ist auf dem rechten Auge blind!

Während also aktive Linke im Knast landen, der Staat regelmäßig wie zuletzt im Oktober in Göppingen Nazi-Aufmärsche mit Gewalt durchsetzt und zahllose AntifaschistInnen strafrechtlich belangt werden, hat die Justiz 2012 wieder einmal bewiesen wo sie den Feind verortet – und wo nicht.

In gleich mehreren großen Verfahren wurden Faschisten entweder freigesprochen oder kamen mit geringen Strafen davon. Von der Nazigruppe die im März 2011 in Winterbach eine Hütte angezündet hatten, in die sich eine Gruppe junger Migranten vor ihnen geflüchtet hatte, wurde nur ein Teil lediglich wegen versuchter Körperverletzung verurteilt. In Südbaden wurde ein Nazi, der einen Antifaschisten überfahren wollte – trotz der Ankündigung im Internet auf eine solche Gelegenheit zu warten – sogar freigesprochen.

Dass auch andere Stellen des Repressionsapparates zum Teil eng mit faschistischen Strukturen verbunden sind, zeigt eindrücklich der NSU-Skandal: Massenhaft geschredderte Verfassungsschutz-Akten, ein Agent der bei einem der Morde in unmittelbarer Nähe war und Polizisten die sich im rassistischen „Ku Klux Klan“ zusammenfinden. Die Tendenz sich bei der Herrschaftssicherung auf reaktionäre Strukturen bis hin zu offenen Faschisten zu stützen, findet eben zumindest in einem Teil der staatlichen Stellen seine personelle Entsprechung.

Dennoch, 2012 war für AntifaschistInnen durchaus auch ein erfolgreiches Jahr: Nach drei Jahren intensiver bundesweiter Mobilisierungen, konnte der bis dahin größte Naziaufmarsch Europas in Dresden endlich komplett verhindert werden.

In Zukunft gilt es an diese kämpferischen Erfahrung anzuknüpfen. Die rechte Fackelmahnwache am 23. Februar in Pforzheim verhindern!

Klassenkampf statt Spardiktat und Krise

Die gesteigerte Repression und der Kampf gegen den Faschismus waren 2012 wichtige politische Arbeitsfelder. Dennoch bestimmte vor allem die Krise des Kapitalismus und ihre verschiedenen Auswirkungen das politische Geschehen. Dass die Krise, die als geplatzte Immobilienblase und Finanzkrise begonnen hatte, nicht auf einige zu gierige Manager zurückgeht, sondern systemischen Charakter hat und sich auf die verschiedensten Bereiche der kapitalistischen Ökonomie in allen Weltregionen auswirkt, ist mittlerweile überdeutlich. Wie tief diese Krise ist, zeigt sich unter anderem daran, dass es den Herrschenden nicht mehr wie bei früheren Krisen einzelner Wirtschaftssektoren gelingt die Krisenlasten hauptsächlich weitab in die Länder des globalen Südens außerhalb der imperialistischen Metropolen zu verlagern. Mit der Schuldenkrise einiger der schwächeren EU-Mitglieder, ist die Krise quasi vor der Haustür der kapitalistischen Zentren angekommen. Zwar konnte der ganz große Crash zumindest in den wichtigsten imperialistischen Ländern der EU – vor allem Deutschland und Frankreich – durch billionenschwere Bankenrettungspakete und Konjunkturmaßnahmen vorerst abgewandt werden, massenhafte prekäre Beschäftigung, sinkende Reallöhne, Spekulation in Wohnraum, mit der Folge immer drastischer steigenden Mieten in den Großstädten, sorgen auch hierzulande für eine zunehmende Verarmung. Selbst die Kirchen sprechen aktuell von bis zu 13 Millionen „Armen“ in der BRD.

Ungleich härter ist die Situation an den südlichen Rändern der EU, in Griechenland, Portugal und Spanien. Das Spardiktat dem diese Länder unterworfen sind – im Kern ein Programm des radikalen neoliberalen Umbaus mit Lohnsenkungen und umfassenden Privatisierungen zugunsten meist deutscher Investoren, sowie des Demokratieabbaus – hat zu einer Verelendung breiter Teile der Bevölkerung geführt. Eine Arbeitslosenrate von konstant über 20 Prozent, Massenentlassungen, Zwangsräumungen von Wohnungen, eine medizinische Versorgung die sich viele schlicht nicht mehr leisten können und immer häufiger auch wieder Hunger gehören zum Krisenalltag in diesen (und weiteren) Ländern.

Allerdings nicht unwidersprochen!

2012 beteiligten sich Millionen Menschen an verschiedenen Kämpfen gegen die Abwälzung der Krisenfolgen auf Lohnabhängige, Arbeitslose, RentnerInnen, SchülerInnen und StudentInnen. Landbesetzungen in Spanien, Aktionen zur Verhinderung von Zwangsräumungen,

bis hin mehreren Generalstreiks, machten deutlich dass Widerstand gegen die kapitalistische Krisenverwaltung möglich ist. Insbesondere der erste europäische Generalstreik am 14. November, mit einer Streikbeteiligung in mehreren EU-Ländern und zeitgleichen Demonstrationen in weiteren Ländern, setzte der neoliberalen Offensive des Kapitals, eine internationale Perspektive der gegenseitigen Solidarität der Lohnabhängigen entgegen.

Im kommenden Jahr wird es einige Gelegenheiten geben, die Vorlage des 14. November aufzunehmen und auch in den imperialistischen Metropolen, entschiedene Kämpfe gegen die kapitalistische Krisenverwaltung zu entwickeln. Europaweite Aktionen gegen den Frühjahrsgipfel der EU in Brüssel im März und die Neuauflage von Blockupy in Frankfurt im Mai können hier erste Ansätze sein.

Krieg dem imperialisitischen Krieg!

Seine wohl aggressivste Seite zeigt das System aktuell aber weder in der Repression nach innen, noch in dem zugegebener Maßen schon äußerst menschenverachtenden Krisenmanagement in den Ländern des Südens. Wie auch schon in Lybien, nutzen die westlichen Mächte den Aufstand in Syrien um ihre eigenen wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen durchzusetzen. Eine direkte Nato-Intervention wird mit der Stationierung deutscher „Patriot“-Raketen an der syrischen Grenze, aktuell immer wahrscheinlicher. Entgegen offizieller Darstellungen, geht es dabei selbstverständlich nicht um Menschenrechte die durch das Assad-Regime verletzt werden. Schließlich haben die Nato-Staaten jahrzehntelang mit diesem und anderen Regimen in der Region eng zusammengearbeitet und diese im Fall von Lybien u.a. mit Waffen beliefert. Im Gegenteil, gerade durch die Missachtung fundamentaler Menschenrechte in syrischen Gefängnissen, erschien das Land z.B. für die CIA, die dort nach dem 11. September regelmäßig Gefangene foltern ließ, als idealer Partner.

Ohnehin ist von den durchaus berechtigten demokratischen und sozialen Forderungen mit denen auch in Syrien der arabische Frühling begann, bei den wichtigsten Teilen der syrischen Opposition, der Freien Syrischen Armee (FSA) und dem „Syrischen Nationalrat“, kaum mehr als ein Lippenbekenntnis übriggeblieben. Fast 2 Jahre Aufrüstung und Ausbildung durch westliche Geheimdienste und zutiefst reaktionäre Regime wie Saudi-Arabien und Katar, haben die fortschrittlichen Kräfte in der Opposition völlig an den Rand gedrängt und die islamistischen und anti-demokratischen Kräfte gestärkt.

Das die Hilfe der imperialistischen Mächte für die syrische Opposition nicht alternativlos war, zeigt die Entwicklung des Widerstands in den kurdischen Gebieten Syriens. Dort haben die bewaffneten Kräfte der kurdisch-syrischen Guerilla YPG, weitgehend ohne größeres Blutvergießen und begünstigt durch ein relatives Machtvakuum, Militär und Polizei der Regierung vertrieben. Lokale Rätestrukturen verwalten nun die Städte und Dörfer. Eigene Frauenräte versuchen patriarchale Strukturen aufzubrechen und die Situation von Frauen und Mädchen in den befreiten Gebieten zu verbessern. Bei all dem sind sich die lokalen AktivistInnen bewusst, dass sie mit ihrem auf solidarischer Selbstverwaltung beruhenden Projekt in scharfer Opposition sowohl zum Assad-Regime als auch zu den Interessen der Imperialisten, sowie ihrer Handlanger in FSA und Nationalrat stehen.

Auch für deutsche Linke darf internationalistische Solidarität also nicht auf die Frage „für oder gegen Assad“ verkürzt werden. Vielmehr muss es darum gehen diejenigen Kräfte die sich nicht vor den Karren der Imperialisten spannen lassen und über ein fortschrittliches Programm verfügen zu unterstützen.

Wie oben angedeutet, könnte ein direktes militärisches Eingreifen der Nato in den syrischen Bürgerkrieg schnell Realität werden. Die sogenannte Nato-Sicherheitskonferenz Anfang Februar in München, bietet Gelegenheit gegen die drohende Intervention aktiv zu werden. Aus Stuttgart gibt es eine gemeinsame Busanreise nach München!

Ohne Revolution – keine Befreiung

Egal ob Antimilitarismus, Antifa, der Kampf gegen die Abwälzung der Krisenfolgen auf die Lohnabhängigen oder gegen staatliche Repression, das Kernproblem all dieser Kämpfe liegt in den Grundprinzipien nach denen kapitalistische Gesellschaften funktionieren:

Der Herrschaft der einen Klasse, einer verschwindend kleinen Minderheit über die die große Mehrheit, dem permanenten Zwang in der kapitalistischen Konkurrenz Profit auf Kosten der Lohnabhängigen zu erhöhen, jede Tätigkeit einzig nach ihrer ökonomischen Verwertbarkeit zu beurteilen, nach den Gesetzen des Marktes und nicht entsprechend der Bedürfnisse der Menschen zu produzieren…

Ohne eine Perspektive die eine Überwindung des kapitalistischen Systems als ganzes, mitsamt seinen politischen und ideologischen Erscheinungen, einfordert, laufen letztlich alle Teilbereichskämpfe, so entschlossen sie auch geführt werden, zwangsläufig ins Leere. Denn innerhalb des kapitalistischen Systems wird es immer die Tendenz zu imperialistischer Aggression geben und ist die ökonomische Ausbeutung der Lohnabhängigen und meisten Selbständigen notwendig. Die Herrschenden werden stets versuchen die Menschen mit reaktionären Ideologien zu spalten und so von Kämpfen für ihre eigenen Interessen abzubringen und werden wenn die Kräfte der staatlichen Repression nicht ausreichen um antikapitalistischen Bewegungen zu bekämpfen, werden im Zweifelsfall die Faschisten bereitstehen diese Aufgabe zu übernehmen.

Es gilt daher unsere alltäglichen Kämpfe in einer revolutionären Perspektive, in der Perspektive eines solidarischen gesellschaftlichen Produzierens und Lebens zu bündeln.

Lasst uns daher an Silvester für ein kämpferisches und revolutionäres Jahr 2013 auf die Straße gehen!
Für den Kommunismus!

Revolutionäre Aktion Stuttgart | Dezember 2012

Quelle