Gegen Polizeigewalt heißt auch gegen das System – Am 13.12. auf die Straße und an Silvester zum Knast in Stammheim

Im Sommer 2020 wurden während den Kontaktbeschränkungen und dem Lockdown die sozialen Widersprüchen innerhalb der Gesellschaft deutlich. Auf der einen Seite waren diejenigen, die in ihrem Einfamilienhaus mit Garten viel Platz, Ausweichmöglichkeiten und Raum für Zusammenkünfte hatten, und auf der anderen Seite diejenigen, die sowieso schon in beengten Verhältnissen leben und auf den öffentlichen Raum angewiesen sind um mal den Kopf frei zu bekommen oder sich mit Freund:innen zu treffen. Gerade die bekamen die Widersprüche am eigenen Leib zu spüren, sei es durch systematische Verdrängung von Jugendlichen aus der Innenstadt oder durch rassistische Polizeikontrollen und Schikanen.

Für alle sichtbar wurde das in der Nacht vom 20 auf den 21. Juni, der sogenannten Krawallnacht. Die Jugendlichen ließen sich die monatelange rassistische Unterdrückung nicht mehr gefallen und die Wut über die Zustände fand in den Bullen und Geschäften der Königsstraße ein Ventil. Mehrere Stunden hatten die Cops die Lage nicht unter Kontrolle, das Gewaltmonopol wurde in Frage gestellt.

Rassismus war immer ein Teil der Krawallnacht, im Vorhinein durch rassistische Kontrollen und Schikanen, im Nachhinein durch hetzerische Veröffentlichungen in den Medien oder durch mehr als fragwürdige Ermittlungen. So erforschten die Stuttgarter Bullen die „Migrationsgeschichte“ der Angeklagten. Übersetzt ist das nichts anderes als rassistische Stammbaumforschung.

In der Bildzeitung wurden Tatverdächtige ethisch sortiert und entwürdigende Bilder von Festgenommenen auf dem Weg ins Amtsgericht veröffentlicht. Mit Hand- und Fußfesseln, ohne Schuhe und mit einer Plastiktüte als Spuck-Schutz unter Begleitung von vier Bullen wurde diese ins Gerichtsgebäude geleitet. Das hat nichts mit Rechtsprechung zu tun, sondern ist reine Schikane. Im Gerichtssaal ging es dann direkt weiter. Es wurden insgesamt über 125 Jahre Haft, davon alleine 50 Jahre ohne Bewährung, ausgesprochen.

In der Nacht selbst schreib ein Polizeihauptkommissar, es sei Krieg und auf der Gegenseite stünden „Kanaken“. Das zeigt wiedereinmal, dass Rassismus innerhalb der Polizei absolut kein Tabuthema ist. Im Gegenteil: Rassismus innerhalb der Polizei ist Alltag, das zeigt sich immer wieder nicht nur rund um das Thema Krawallnacht. Angefangen bei racial profiling gipfelt das in mindestens 184 rassistisch motivierten Morden durch Cops seit 1990.

Aber warum kommen die Bullen immer wieder mit ihren Handlungen durch? Kurz gesagt: Die Cops sind Handlungsorgan des Staates und sollen im Zweifel gewaltsam vorgehen, um das kapitalistische System und die herrschende Ordnung zu schützen. Rassismus ist ein Mechanismus auf den sich dieses System stützt. Rassismus legitimiert, dass einige Arbeiter:innen besonders hart ausgebeutet werden und in miese Drecksjobs gedrängt werden. Rassist:innen spielen Arbeiter:innen mit Migrationshintergund – oder solche bei denen das wegen ihres Aussehens oder Namens vermutet wird – gegen ihre Kolleg:innen aus, wenn beispielsweise das Märchen von der Einwanderung ins deutsche Sozialsystem erzählt wird.

Profitieren tun davon diejenigen, denen es ganz Recht ist, wenn Arbeiter:innen sich gegeneinander bekämpfen und im Wettstreit miteinander bereit sind für niedrige Löhne zu schuften. Es sind die Kapitalisten, die sich den Löwenanteil unserer Arbeit in die eigene Tasche stecken und gerade jetzt in der Krise Rekordgewinne machen während wir schauen müssen, dass wir über die Runden kommen.

Die rassistischen Kontrollen im Vorfeld der Krawallnacht und die Verdrängung „migrantischer“ Jugendlicher aus der Stuttgarter Innenstadt sind Teil dieses rassistischen Systems, das alles tut um die Macht einiger weniger Kapitalisten zu erhalten. Wer sich dagegen wehrt wird verfolgt und notfalls weg gesperrt. Richter, Staatsanwälte und Bullen sind nicht neutral, sie vertreten vordergründig die Interesse der herrschenden Klasse, der Kapitalisten. Dementsprechend ist auch die Justiz nicht neutral oder gerecht, sondern gibt es eine Klassenjustiz. Diese sorgt dafür, dass Jugendliche die sich gegen unsoziale Verhältnisse und Rassismus wehren für zum Teil kaputte Fensterscheiben Knaststrafen erhalten, während CDU Politiker straffrei bleiben wenn sie korrupte Maskendeals einfädeln und ihre Millionen Euro Schmiergelder sogar noch behalten dürfen.

Lasst uns solidarisch mit allen sein, die von diesem Staat verfolgt werden, weil sie sich gewehrt haben – egal ob es gegen rassistische Bullengewalt oder Nazis auf der Straße ging. Unsere Solidarität ist es, die die Einschüchterung der Herrschenden überwinden kann.

Genau deshalb ist es wichtiger, dass wir gemeinsam auf die Straße gehen, gegen Polizeigewalt, aber auch gegen die herrschenden Zustände und für Solidarität mit allen von Repression betroffenen.
Zwei gute Gelegenheiten sind die Demo gegen Polizeigewalt am 13.12. in Stuttgart und der alljährliche Spaziergang um die JVA Stammheim an Silvester.

Mehr Infos zur Demo am 13.12.
0711 united against racism

Mehr Infos zur Knast-Demo an Silvester
https://silvester0711.noblogs.org/

Quelle